So geht hervor ein’ neue Zeit
1803 ist das Jahr des Umbruchs für eine Fülle deutscher Klein- und Mittelstaaten. Gewinner und Verlierer beherrschen die politische Bühne links und rechts des Rheins. Das Reich mit seinen zahlreichen größeren und kleineren politischen Einheiten hatte unter der Führung des Kaisers einen militärischen Konflikt mit dem revolutionären Frankreich begonnen - und war militärisch unterlegen. Napoleon konnte ihm seinen Willen diktieren: die Rheingrenze für Frankreich, Neuordnung der inneren Verhältnisse in Deutschland nach französischen Vorstellungen. Dazu zählte in Süddeutschland auch eine Stärkung der mittelgroßen Staaten Baden, Württemberg und Bayern, die zu Gegengewichten gegen die Habsburgermonarchie aufgewertet werden sollten. In diesen Zusammenhang gehört die Auflösung der Kurpfalz, die seit der Zeit Carl Theodors mit Bayern verbunden war. Nahezu unbemerkt verschwindet die alte Kurpfalz von der politischen Landkarte und wird badisch, Markgraf Karl Friedrich von Baden erhält 1803 den Titel des Kurfürsten. Seit 1806 Großherzog, gliedert er die ehemals kurpfälzischen Gebiete dann schnell seinem vergrößerten badischen Staat ein – er ist in der ehemaligen Kurpfalz nicht unbeliebt. Zeugnis der probadischen Stimmung in Heidelberg um das Jahr 1806 ist Clemens Brentanos Lied von eines Studenten Ankunft in Heidelberg und seinem Traum auf der Brücke.
Den Themen „Übergang der Kurpfalz an Baden“, Kriegsgewinnlern und –verlierern, Verlust alter und Aufbau neuer Identitäten ist die aktuelle Sonderausstellung im Kurpfälzischen Museum gewidmet, die in Zusammenarbeit mit dem Historischen Seminar der Universität Heidelberg konzipiert wurde.
Vielfältig spiegeln erstmals gezeigte Exponate und spektakuläre Leihgaben aus den Bereichen Kunst, Kultur und Geschichte diesen Umbruch wider. Von den Ereignissen der Revolutionskriege und der badischen Inbesitznahme der ehemaligen Kurpfalz spannt sich der Bogen zum neuen bürgerlichen Zeitalter. Der neue Stil der Hofhaltung der badischen Großherzogin Stéphanie in Mannheim, der in der Ausstellung durch Juwelen, Silber und Porzellan repräsentiert wird, beeinflusst die Lebensstile weiter Teile der Bevölkerung. Gleichzeitig markiert das verstärkte Auftreten von Räuberbanden die zunehmend schwieriger werdenden Lebensverhältnisse vor dem Hintergrund der napoleonischen Kriege in Europa.