La Bohème
Toulouse-Lautrec und die Meister vom Montmartre
Ausstellung vom 5. März bis 11. Juni 2023
Die Ausstellung „La Bohème“ geht mit Meisterwerken der Plakatkunst einer besonders faszinierenden Kunstform nach. Mehrere der gezeigten Originallithographien gehören zu den Klassikern der Kunstgeschichte, so auch das Titelmotiv zur Ausstellung, mit dem Henri de Toulouse-Lautrec für die berühmte Tänzerin Jane Avril im Varieté Moulin Rouge warb. Neben Lautrecs Plakaten hält „La Bohème“ viele spannende Entdeckungen aus seinem künstlerischen Umfeld bereit, dazu gehören Arbeiten von Alfons Mucha, Théophile-Alexandre Steinlen, Pierre Bonnard und Felix Vallotton aus den Jahren 1885 bis 1900. Im Zusammenspiel mit kunsthandwerklichen Kostbarkeiten bringt die Ausstellung das einzigartige Flair des Pariser Fin de Siècle nach Heidelberg. SWR Podcast zur Ausstellung
Ausstellungspartner
„La Bohème“ wurde in Zusammenarbeit mit dem Musée d’Ixelles, Brüssel, und dem Institut für Kulturaustausch in Tübingen organisiert. Exponate aus der Sammlung des Kurpfälzischen Museums und einer bedeutenden Heidelberger Privatsammlung ergänzen die Schau.
Besondere Anlässe
Im Rahmen der Ausstellung findet eine Vielzahl von Führungen und Vorträgen mit Gästen aus Frankreich und Deutschland statt, teils auch in französischer Sprache. Darüber hinaus geht es mit Chansonabend auf eine wunderbare Zeitreise ins Fin de Siècle. Mehr Information gibt es im digitalen Veranstaltungskalender oder im PDF des Ausstellungsflyers (1,2 MB).
Veranstaltungspartner sind das Montpellier-Haus Heidelberg, der Deutsch-Französische Kulturkreis Heidelberg e.V. und das Medienforum Heidelberg e.V..
Information zum Ausstellungsbesuch
Henri de Toulouse-Lautrec, Pionier der Plakatkunst
Henri de Toulouse-Lautrec (1864 – 1901) zählt zu den bekanntesten Künstlern seiner Zeit. Seine Werke, die das Leben rund um den Montmartre festhielten, prägen bis heute das Bild der legendären Pariser Belle Époque. Insbesondere durch seine Plakate wurde Toulouse-Lautrec schon zu Lebzeiten berühmt. Seine Affichen waren in Paris offenbar so gefragt, dass man sie nachts von den Plakatwänden stahl.
Als Sohn einer wohlhabenden Adelsfamilie im Süden Frankreichs kam Henri de Toulouse-Lautrec 1864 zur Welt. Henri litt an einer Knochenkrankheit, die auf die Blutsverwandtschaft seiner Eltern zurückging. Die Hauptsymptome traten etwa im zehnten Lebensjahr auf. Bei zwei Unfällen brach sich der Jugendliche nacheinander beide Beine, mit einer Größe von 1,52 Meter war er bereits ausgewachsen. Mehrfach forderten die gesundheitlichen Probleme lange Ruhephasen, so dass Lautrec schon früh die Zeit fand, sein künstlerisches Talent zu schärfen. Bereits im Kindesalter zeichnete er alles, was ihm einfiel. Anfang der 1880er Jahre zog er nach Paris und nahm ein Kunststudium auf. Zwar unterwarf er sich pro forma den Gepflogenheiten des akademischen Lehrbetriebs, aber er hatte von Anfang an seine eigenen Vorstellungen von Zeichnung und Malerei. Sein Künstlerkreis, dazu gehörten auch Vincent van Gogh und Edgar Degas, nahmen großen Einfluss auf die Entwicklung seiner Malerei. Als 27jähriger wagte er sich dann an ein Medium, das sein ureigenes künstlerisches Element werden sollte. Es war die Lithographie, ein diffiziles Steindruckverfahren, das Toulouse-Lautrec bald wie kein anderer technisch und künstlerisch beherrschte. Mit dem großformatigen Plakat „Moulin Rouge – La Goulue“ wurde Lautrec über Nacht berühmt. In den folgenden 10 Jahren bis zu seinem frühen Tod schuf er über 350 Lithographien. Dazu zählten etwa dreißig Plakate, wovon rund ein Dutzend zum Besten gehören, was die Plakatkunst je hervorbrachte. Bis heute ist Lautrecs Name eng mit dem Moulin Rouge und den Werbeplakaten für die Tänzerinnen Jane Avril, Yvette Guilbert und den Kabarettisten Aristide Bruant verbunden.
Montmartre – Jenseits der guten Gesellschaft
Wie Toulouse-Lautrec zog es im ausgehenden 19. Jahrhundert viele junge Künstler und Intellektuelle in die Großstadt Paris. Hier kamen sie in den günstigen Studenten- und Vergnügungsvierteln zusammen und prägten mit ihrer Lebensart den Begriff der „Bohème“. Sie galten als unangepasst und freizügig, idealisierten die Kunst und zeigten wenig Wertschätzung für Status und Geld. Insbesondere am Montmartre war ein solch unkonventionelles Leben möglich. Tanzlokale, Vergnügungsstätten und Bars gehörten zum Straßenbild und boten den Künstlern ungewohnte Inspiration und Motivik. Das Leben in den Cabarets wurde auch für Lautrec zum Hauptthema seiner Kunst. Er war dort häufig zeichnender und konsumierender Gast. Auch im 1889 eröffneten Moulin Rouge fand er großen Gefallen am Can-Can und den schönen Tänzerinnen in ihren ausgefallenen Kostümen.
Der Alltag abseits der gesellschaftlichen Normen hatte allerdings einen hohen Preis. Das ausschweifende Nachtleben, die Armut und der übermäßige Alkoholkonsum ruinierten die Gesundheit vieler Künstler. So glichen auch die letzten Lebensjahre Toulouse-Lautrecs einer schleichenden Selbstzerstörung. Zu den ererbten Gesundheitsschäden war ein syphilitisches Leiden getreten; die Linderung suchte der Erkrankte im Alkohol. Prostituierte nutzten ihn materiell aus, die Zechkumpane ebenso. Nach einem Zusammenbruch Anfang 1899 verließ Lautrec Paris und den Montmartre. Er sollte nur noch einmal zurückkehren, um seinen Nachlass zu ordnen. Der Montmartre blieb aber über die Jahrhundertwende hinaus Anziehungspunkt für viele Künstler, die ein bezahlbares Quartier und die Gesellschaft ihresgleichen suchten. Das Viertel wurde zu einer Art riesigem Atelier. Einige der bedeutendsten Künstler der Moderne gehörten zu den Bewohnern, darunter Vincent van Gogh, Amedeo Modigliani und schließlich auch Pablo Picasso. Nirgendwo schien es so viel künstlerisches Potenzial zu geben wie auf dem Montmartre.